Vater und Sohn by Burke James Lee

Vater und Sohn by Burke James Lee

Autor:Burke, James Lee
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: d-Heyne HC
veröffentlicht: 2016-09-01T00:00:00+00:00


Kapitel 20

Das Büro des Sheriffs befand sich in einem alten einstöckigen Backsteinbau, in dem es nach stehendem Wasser roch. Einst ein County-Gefängnis, verfügte es jetzt nur noch über zwei einfache Zellen ohne Toiletten zur vorübergehenden Verwahrung von Trunkenbolden.

Hackberry saß auf einem Stuhl neben einem Waffenschrank, der mit Flinten und Winchester-Repetiergewehren bestückt und durch eine Kette samt Schloss gesichert war. Eine Zelle war unbelegt, bei der anderen stand die Tür offen. In ihr stand der Sheriff, den Blick gesenkt auf den Körper eines Mannes in einer schlichten, rechteckigen Holzkiste. Über die Leiche hatte er Eiswürfel gestreut, die der Deputy aus dem benachbarten Saloon herbeigeschafft hatte. »Sein Name war Eddy Diamond«, sagte der Sheriff. »Hat zwei Jahre in Yuma wegen Syndikalismus gesessen.«

»Wegen Syndikalismus? Was soll das heißen?«

»Er hat als Gewerkschaftsaktivist Arbeiter aufgewiegelt, unten in Arizona«, sagte der Sheriff. »Alles in Ordnung mit dir?«

»Ich habe gehört, in Yuma drehen die Insassen regelmäßig in ihren Zellen durch.«

»Das tun die meisten Menschen, wenn man sie bei fünfzig Grad Hitze in eine Eisenkiste sperrt.«

»Woher die Brandwunden?«

»Irgendein Scheiß auf den Philippinen. Oder in Nicaragua? Hab vergessen, wo genau.« Der Sheriff trat aus der Zelle, zog die Tür hinter sich zu und rüttelte anschließend an den Gitterstäben, um sich zu vergewissern, dass sie auch wirklich geschlossen war.

»Und du bist dir sicher, dass sein Name Diamond war?«

»Das war zumindest der einzige, den er benutzt hat.«

»Hatte er vielleicht einen Spitznamen? So wie Jimmy Belloc oder Jimmy No Lines?«

»Nicht, dass ich wüsste.« Der Sheriff trug einen Hufeisenbart, sein Gesicht war von Falten durchzogen, und auf seinem Nasenrücken prangte ein lilafarbener Pickel. Man hatte ihn wegen der Schießerei aus dem Bett geholt, und nun schaute er alle paar Minuten zu der Uhr auf dem Schreibtisch. »Zerbrich dir nicht den Kopf wegen dieser Sache, Hack. Du hattest keine Wahl.«

»Ich hatte seinen Namen von Mealy Lonetree. Ich glaube, er war derjenige, der Beatrice DeMolay Säure ins Gesicht geschüttet hat.«

»DeMolay?! Diese Frau könnte von mir aus auf den Mars ziehen.«

»Der Kerl in der Holzkiste muss derjenige sein, der sie angegriffen hat. Er muss es gewesen sein.«

»In der Nacht, in der sie behauptet, mit Säure angegriffen worden zu sein, saß Diamond wegen Ruhestörung hinter Gittern.«

»Sie behauptet?«

»Erzähl mir bitte nicht, du glaubst immer alles, was dir irgendwelche Ex-Huren erzählen.«

»Sie ist eine gute Bekannte von mir.«

Der Sheriff zog an seinem Ohr. »Mealy hat dir den Namen von diesem Belloc gegeben?«

»Ja, hat er. Er verhielt sich irgendwie merkwürdig, fast so, als würde er schon mit einem Bein im Grab stehen.«

»Wann war das?«

»Vor ungefähr sieben Stunden.«

»Dann tat er es auch«, sagte der Sheriff.

»Was tat er auch?«

»Mit einem Bein im Grab stehen. Er hat sich in seinem Kleiderschrank erhängt.«

Hackberry starrte geradeaus, die Hände auf die Knie gestützt, ein Klingeln in den Ohren. Dann blickte er nach unten; auf den Dreck in der Maserung des Holzfußbodens, auf die Flecken der Zigarettenkippen und des Kautabaks, auf die Spuren von getrocknetem Viehdung und die Pferdehaare, die von den Stiefeln oder Sporen eines anderen Mannes gefallen waren. »Das ergibt keinen Sinn. Mealy war dabei, die Stadt zu verlassen.



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